Chef, ich möchte kündigen. Solche Worte, egal in welcher Konstellation ausgesprochen, werden jeder Führungskraft früher oder später zwangsläufig begegnen. Achselzuckend hinnehmen sollte es jedoch niemand. Das gilt sogar dann, wenn der kündigende Mitarbeiter augenscheinlich fest entschlossen zu sein scheint. Tatsächlich gibt es sogar mehrere Dinge zu tun.

Darunter etwas, das viele vielleicht gar nicht bedenken, wenn die Kündigung recht entschlossen ausgesprochen wird:

 

  1. Nachfragen und Angebote machen

Warum kündigen Angestellte generell? Warum kündigt genau dieser Angestellte, der gerade vor mir steht? Beides Fragen, die jede Führungskraft zu gegebener Zeit im Kopf haben sollte. Zugegeben, es gibt Fälle, in denen der Kündigungsgrund gar nichts mit der Firma zu tun hat. Etwa, wenn jemand es tut, weil er zum Partner ziehen möchte oder einen Verwandten pflegen will. Ebenso hat vielleicht jemand den Wunsch nach beruflicher Selbstständigkeit oder das typische „großartige Angebot“ bekommen.

Aber: Die Statistiken sind diesbezüglich sehr eindeutig. Dazu gibt es eine McKinsey-Studie aus 2022. Die Hitliste der Kündigungsgründe ist samt und sonders mit Dingen besetzt, die mit dem bisherigen Arbeitsplatz zu tun haben. Die Top 5:

  1. Zu geringe Vergütung (nicht unbedingt nur monetär).
  2. Mangel an Karriere- bzw. beruflichen Weiterentwicklungsmöglichkeiten.
  3. Gleichgültige, uninspirierte Führungskräfte.
  4. Untragbare Leistungsanforderungen respektive -erwartungshaltungen.
  5. Mangel an Sinnhaftigkeit der Arbeit.

Aufmerksame erkennen es vielleicht. Das alles sind Dinge, die sich durchaus ändern lassen; wenigstens für den kündigungswilligen Mitarbeiter. Angesichts dessen sollte der Kündigung stets eine Gegenfrage folgen:

 

„Weshalb kündigen Sie und was könnten wir tun,
um Sie von Ihrem Vorhaben abzubringen?“

 

Dies sollte beileibe nicht nur bei „wichtigen“ Mitarbeitern erfolgen, sondern jedem Mitarbeiter. Ebenso sollte es keine rhetorisch gemeinte Höflichkeitsfloskel sein. Denn:

  • Mit diesem Angestellten verlassen Jahre der Erfahrung und Routine das Haus – wenn nicht sogar Kunden.
  • Seine Arbeit muss, wenigstens zeitweise, von anderen mit-erledigt werden. Das erhöht den Druck und die Fehlerquote, senkt Leistungen und Umsatz.
  • Recruiting ist immer teuer, aufwendig und langwierig. Außerdem kann es dank grassierendem Fachkräftemangel je nach Position schwierig bis unmöglich sein, adäquaten Ersatz zu finden.
  • Jeder Neuling benötigt, ungeachtet seiner Erfahrung, immer eine gewisse Einarbeitungszeit, bis er ein vollwertiger Ersatz ist.

All das sollte Grund genug sein, ernsthaft zu versuchen, die Kündigung abzuwenden. Selbst eine ausnehmend starke Gehaltserhöhung kann langfristig die günstigere Option sein – ja sogar das Ersetzen von Führungskräften.

Gute Unternehmer sollten sich deshalb die Zeit nehmen, zu eruieren, warum dieses Teammitglied gehen möchte und versuchen, es davon abzubringen. Häufig ist eine überraschende Kündigung zudem ein Hinweis: Irgendetwas stimmt vielleicht in dieser Abteilung nicht.

Selbst, wenn sich die Kündigung nicht abwenden lässt, sollte versucht werden, den Grund möglichst detailliert und ehrlich zu durchleuchten. Schlicht, um zu verhindern, dass eine tiefere Ursache womöglich noch größere Probleme verursacht. Etwa eine „schwierige“ Kraft aus dem unteren oder mittleren Management, von deren Verhalten gegenüber den „Untergebenen“ man bislang auf seinem Posten bloß noch nichts mitbekommen hat.

 

  1. Beim Zeugnis großzügig sein

Jeder hat einen Rechtsanspruch auf ein Arbeitszeugnis. Zudem eines, das wohlwollend ist. Angesichts dessen sollte jeder Arbeitgeber sich einiger Dinge bewusst sein:

  1. Egal wie ärgerlich oder schlecht getimt das Ausscheiden ist, „Nachtreten“ ist nicht bloß ganz schlechter Stil, sondern kann sehr weite Kreise ziehen – bis hin zu Gerichtsverhandlungen und Shitstorms. Immer bedenken: Arbeitgeber werden an unzähligen Stellen im Netz bewertet.
  2. Wer dem Unternehmen gute Umsätze beschert hat, der hat es in jeder Hinsicht verdient, dafür sichtbar belobigt zu werden – selbst wenn künftig ein anderer Arbeitgeber, vielleicht gar ein Konkurrent, von dieser Person profitieren wird.
  3. Man sieht sich immer zweimal im Leben. Vielleicht kehrt dieser Mitarbeiter eines Tages wieder zurück oder wird von einem potenziellen Bewerber nach seinen Erfahrungen gefragt.

Führungskräfte sollten deshalb beim Notensystem des Arbeitszeugnis-Wordings viel Augenmaß walten lassen. Bei einem besonders geschätzten Mitarbeiter wäre es sogar möglich, ihm die Formulierung zu überlassen und danach bloß zu unterzeichnen.

 

 

  1. Wenigstens ein kleines Geschenk mitgeben

Egal wie groß ein Unternehmen ist, spätestens beim Befragen der engsten Kollegen lässt sich immer herausfinden, was für ein Mensch der scheidende Mitarbeiter ist: Was seine Interessen sind, was er privat gerne macht, was er gern isst und trinkt – selbst der kleinste Hinweis genügt.

Mit solchen Informationen sollte stets zumindest ein kleines Geschenkpaket geschnürt werden – je nach Standing und „Wert“ des Mitarbeiters sogar ein größeres. Mitunter möchten sich die Kollegen vielleicht daran beteiligen – wenngleich in diesem Fall stets ersichtlich sein sollte, dass es sich nicht nur um ein von diesen beschafftes Abschiedspräsent handelt, sondern um eines, das ebenso ein physisches Dankeschön der Firma ist.

Sehr viele (ungeschriebene) Regeln bezüglich Mitarbeitergeschenken greifen hier nicht. Etwa die Maßgabe, wonach es sich um nichts handeln sollte, was den Körper direkt berührt. Ebenfalls darf ein solches Geschenk durchaus über den üblichen steuerlichen Berechnungswerten liegen.

Dafür jedoch sollte die Aufmachung insgesamt etwas edler sein. Und: Je nachdem, um was es sich handelt, sollte eine maximal passende Lösung hinsichtlich der Verpackung gewählt werden – das gilt nicht nur hinsichtlich der allgemeinen Art, sondern erstreckt sich bis in Details wie ein Logo und andere Beschriftungen.

Die Botschaft eines solchen Präsents könnte vielfältiger nicht sein:

„Wir schätzen Sie als Mensch und Mitarbeiter, wir bedanken uns
für Ihre Arbeit und den persönlichen Beitrag zur Unternehmens-gemeinschaft und wir bedauern Ihren Weggang zutiefst.“

Dazu noch ein guter Rat: Wenn es sich um etwas handelt, das nicht verbraucht wird, dann sollte das Firmenlogo höchstens sparsam und unauffällig eingesetzt werden. Beispielsweise auf die Rückseite einer Armbanduhr graviert.

 

  1. Keine Feiern ohne Rückfrage

Wer von sich aus kündigt und sich nicht zu einem Umdenken bewegen lässt, der hat dafür Gründe. Diese Tatsache sollte jede Führungskraft als unabänderlich ansehen – schließlich wurde ja versucht, den Scheidenden umzustimmen.

Damit stehen jedoch zwei wichtige Tatsachen im Raum:

  1. Kündigungsgründe sind sehr unterschiedlich gelagert.
  2. Jeder Mensch stellt sich sein Ausscheiden anders vor.

Das bedeutet in der Praxis vor allem, es sollte selbst beim vielleicht beliebtesten Mitarbeiter, den die Firma jemals hatte, niemals ohne Weiteres eine Abschiedsfeier geplant werden. Ja, nicht einmal ein kleiner Sektempfang.

Warum? Ganz einfach: Selbst wer im Guten geht, möchte vielleicht aus diesem oder jenem Grund kein großes „Tamtam“ darum machen. Vielleicht fürchtet sich ein solcher Mitarbeiter davor, bei einer solchen Veranstaltung zu emotional zu reagieren. Vielleicht muss er diesen Weggang selbst umfassend „verdauen“, obwohl es seine Entscheidung war.

Tatsächlich gibt es genügend Menschen, die an ihrem finalen Arbeitstag gerne wie seit Jahr und Tag Feierabend machen wollen, bloß ohne am nächsten Morgen zurückzukehren – und es ist ihr gutes Recht.

Daraus ergeht ein wichtiger Ratschlag: Sowohl die Bekanntgabe der Kündigung als auch eine etwaige Abschiedsveranstaltung sollten niemals ohne detaillierte Absprache mit dem Kündigenden erfolgen. Er sollte hier die Regeln bestimmen, denn es ist sein Weggang.

Das im vorherigen Kapitel angesprochene Geschenk kann deshalb durchaus nur von der Führungskraft selbst überreicht werden, wenn derjenige keine Feier möchte. Zu diesem Thema lohnt sich zudem generell ein Blick in einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung.

 

 

  1. Das Thema Resturlaub gütlich regeln

Je nachdem, wann die Kündigung erfolgt, steht einem Mitarbeiter noch eine gewisse Menge Resturlaub zur Verfügung. Zwar ist es verständlich, wenn Führungskräfte die Arbeitsleistung möglichst noch bis zum letzten Tag voll auskosten möchten. Andererseits enden diesbezügliche Restansprüche jedoch nicht mit der Aussprache der Kündigung.

Möglichst zeitnah sollte deshalb mit dem Mitarbeiter besprochen werden, wie er es in Sachen Urlaubstage, aber auch Überstunden, handhaben möchte. Möglich wäre es, beides auf eine Weise einzurichten, durch die der finale Arbeitstag lange vor dem offiziellen Ende der Betriebsmitgliedschaft liegt. Ebenso ist es möglich, sich die Tage ausbezahlen zu lassen.

Erneut lautet der Rat, dem Mitarbeiter ein Mitbestimmungsrecht zu geben.

 

  1. Den Mitarbeiter sorgsam offboarden

Wie bereits geschrieben: Mit jedem Mitarbeiter verlässt wertvolles Wissen das Haus. Darunter solches, das nur der jahrelange Berufsalltag lehren kann – ein Grund, warum es mitunter Jahre dauern kann, bis ein Teammitglied durch einen Nachfolger wirklich vollständig ersetzt wurde.

Angesichts dessen sollte vor dem Weggang mindestens ein Tag anberaumt werden, an dem der Mitarbeiter ein Offboarding erfährt. Ziel dabei ist es, möglichst viel wertvolles Wissen abzuschöpfen. Etwa, welcher Kunde wie behandelt werden möchte, nach welchem Schema der Mitarbeiter seine Arbeitsprioritäten verteilte.

Sprich: Alles, was man einen Nachfolger lehren müsste, damit er möglichst rasch gleichwertige Arbeitsergebnisse abliefert.

Wichtig: Bei diesem Offboarding sollte ebenfalls an das Thema IT gedacht werden. Namentlich Entzug von Rechten, Ändern von Passwörtern und ähnliche Dinge. Bitte hierbei immer eines bedenken: Selbst ein augenscheinlich im Guten scheidendes Firmenmitglied kann unsichtbar für alle einen tiefen Groll hegen und vielleicht bestrebt sein, nach seinem Weggang Schaden zu verursachen.  

Diesbezüglich sei jeder Führungskraft eine umfassende Arbeit des Bundeskriminalamts zum Thema Innentäter ans Herz gelegt. Es sind nicht immer aktuelle Mitarbeiter, die besonderen Schaden anrichten können. Ebenso können es Ausgeschiedene sein, die aus Nachlässigkeit noch Zugriff auf die digitalen Systeme haben.

 

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